Zwickmühle Zwischenzeugnis
„Soll ich oder soll ich nicht?“– das ist hier die Frage. Nach fünf Jahren Tätigkeit im Einkauf sind Sie nun in den Vertrieb gewechselt. Ein anderer Chef, ein anderes Büro und viele neue Aufgaben warten auf Sie. Ist das der richtige Zeitpunkt, ein Zwischenzeugnis anzufordern?
Rein rechtlich betrachtet steht Ihnen bei einer Versetzung in eine andere Abteilung ein Zwischenzeugnis zu. Weitere solche sogenannten „triftigen“ Gründe für die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses sind z. B. der Wechsel des Vorgesetzten, ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB, die Abordnung zu einer länger andauernden Projektteilnahme oder zu einem Auslandsaufenthalt, ein langjähriges Arbeitsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber (sofern bisher noch kein Zwischenzeugnis erstellt wurde und keine Mitarbeiterbeurteilungssysteme vorhanden sind), der Erziehungsurlaub oder auch die Inanspruchnahme des Arbeitszeitmodells „sabbatical“.
In all diesen Fällen lässt sich die Anfrage nach einem Zwischenzeugnis Ihrem Vorgesetzten gegenüber plausibel argumentieren. Der Ausstellungsgrund sollte dann in jedem Fall im Zwischenzeugnis genannt werden. Zum Beispiel: „Herr Müller hat uns anlässlich seiner Versetzung von der Abteilung Einkauf in den Bereich Vertrieb um ein Zwischenzeugnis gebeten. Wir erfüllen Herrn Müller diesen Wunsch sehr gerne und freuen uns auf eine weiterhin angenehme und erfolgreiche Zusammenarbeit.“
Was aber, wenn keiner dieser oben genannten Gründe vorliegt und Sie dennoch ein Zwischenzeugnis bei Ihrem Chef anfordern wollen? Wie kommt in einem solchen Fall Ihre Bitte beim Vorgesetzten an? Stellen Sie sich zunächst die Frage, was Sie tatsächlich erreichen wollen.
Vielleicht möchten Sie sich extern bewerben und Ihren Bewerbungsunterlagen ein Zwischenzeugnis beifügen?
Das ist kein Muss! Ihr möglicher neuer Arbeitgeber kann die Sachlage bestens einschätzen und weiß, dass Sie aus einer ungekündigten Stellung heraus nicht einfach mal so – ohne triftigen Grund – bei Ihrem jetzigen Chef nach einem Zwischenzeugnis fragen sollten. Für diesen käme das nämlich aus heiterem Himmel und: sollte es mit dem neuen Job wider Erwarten nun doch nicht klappen, bleibt auf beiden Seiten ein ungutes Gefühl zurück. Vielleicht ist dann sogar die Vertrauensbasis zwischen Ihnen und Ihrem Chef gestört. Unser Tipp: Für Ihre Bewerbung reicht neben dem Anschreiben, dem Lebenslauf und den Kopien Ihrer bisherigen Arbeitszeugnisse eine stichpunktartige Auflistung der aktuellen Tätigkeiten und Erfolge in jedem Fall aus.
Oder haben Sie nach wochenlangem Warten noch immer keine Antwort auf Ihren Wunsch nach einer Gehaltserhöhung erhalten und wollen mit Ihrer Zeugnisanforderung dem ganzen einen gewissen Nachdruck verleihen?
Das wäre kein kluges Vorgehen, denn Ihr Arbeitgeber durchschaut das sofort. Er lässt sich nicht unter Druck setzen und damit wäre Ihr Karriereende eingeläutet.
Sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten und erklären Sie ihm offen, ehrlich und sachlich, warum Sie nach einem Zwischenzeugnis fragen. Bleiben Sie dabei gelassen und ruhig. Erkundigen Sie sich gleichzeitig nach Ihren Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Denn im gemeinsamen Dialog können Sie sich austauschen, und ein ungutes Gefühl kommt dann gar nicht erst auf.
Ihr Team von Stolze-Zeugnisse